Dienstag, 29. April 2014
Vorratsdatenspeicherung, viele Tote und Selbstjustiz
Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung wurde für ungültig erklärt. So weit, so gut. Während die Bundes-SPD nun nach außen gerne kommuniziert, dass man das beenden möchte, stehen SPD-Politiker der Länder der Sache weiterhin aufgeschlossen gegenüber. Aber die Union schießt wieder den Vogel ab. Ohne die Vorratsdatenspeicherung, so scheint man zu glauben, werden in Kürze postapokalyptische Zustände herrschen.

Auch wenn die nun folgenden Argumente schon zwei Wochen alt sind, kann ich sie nicht unkommentiert lassen.

Manfred Weber (CSU): "Der Druck von Terror ist nicht von der Welt. [...] Es gibt nach wie vor viele Tote."

Stimmt. Die zahllosen Terroranschläge, die in Deutschland ausgeführt oder zumindest geplant worden sind, müssen aufhören. Die Leichen stapeln sich hier auf den Straßen und die deutschen Terroranschläge verdrängen zeitweise sogar Michael Schumachers Zustand aus den Medien. Das muss aufhören!

Axel Voss (CDU): "Neben dem Recht auf Freiheit gibt es auch eins auf Sicherheit in der Charta der Grundrechte."

Stimmt. In der "Charta der Grundrechte der Europäischen Union" steht in Artikel 6 zu lesen:
"Jeder Mensch hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit."
Das ist sicher gut gemeint und hört sich prima an. Ein Recht des Staates auf einen Eingriff in meine Freiheit leite ich daraus nicht ab. So heißt es denn auch in Artikel 7:
"Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation."
Und der Europäische Gerichtshof sagt in seinem Urteil gegen die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (PDF):
Sie beinhaltet einen Eingriff von großem Ausmaß und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, der sich nicht auf das absolut Notwendige beschränkt.
Außerdem enthält die EU-Charta natürlich die Unschuldsvermutung (Artikel 48).

Axel Voss (CDU) stellte auch die Frage, "ob wir zu Selbstjustiz übergehen sollen"

Wo lebt dieser Mann? Wir haben die Vorratsdatenspeicherung den größten Teil der letzten Jahrzehnte nicht gehabt. Nur deswegen herrschen auf unseren Straßen Mord und Totschlag. Jammernde Witwen kauern schluchzend über hungernden Kindern, recken die Arme zum Himmel und bitten die Politik um die Vorratsdatenspeicherung, damit das Elend endlich aufhört.

Im Ernst: Hier zeigt sich deutlich, mit welchen schwachsinnigen Argumenten hier Ängste geschürt werden. Da gibt es nur schwarz und weiß. Solche Sätze fallen in die gleiche Kategorie wie der berühmte (aber ebenso schwachsinnige) Satz: "Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein." Das war es nie, ist es nicht und wird es wohl auch nie werden. Aber das passt natürlich nicht zu den gewünschten Überwachungsmechanismen und so suggeriert man einfach das Ende jeglicher Strafverfolgung. Wenn man das dem Volk nur oft genug erzählt, wird es das hoffentlich irgendwann auch glauben.

Ich bin immer wieder naiv verblüfft über die ständig neuen Vorstöße, die Grundrechte der Bürger einzuschränken. Das Bundesverfassungsgericht und der EU-Gerichtshof sagen deutlich: "So nicht!" und trotzdem wird beharrt, gebohrt und unfair argumentiert. DAS muss aufhören.




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